20 Foyer
Friedrichstraße 12, 72072 Tübingen
Das Foyer diente der französischen Garnison seit 1955 als Restaurant, Kino und Hotel. Neben den einfachen französischen Soldaten kehrten auch viele Tübinger hier ein.
An der „Blauen Brücke“ entstand 1955 ein größerer Gebäudekomplex für die französische Garnison. Der Bau im Stil der Neuen Sachlichkeit, für den sich in Tübingen bald der Name Foyer einbürgerte, war für eine Mischnutzung als Restaurant, Kino und Hotel mit 80 Betten vorgesehen. Als Garnisonsrestaurant übernahm es die Funktion des seit dem Einmarsch beschlagnahmten Hotels „Ochsen“, das sich damals an der Kreuzung von Friedrichstraße und Karlstraße befand und später dem Neubau des heutigen Modehauses Zinser weichen musste. Viele Jahre diente das Foyer als Kantine für die einfachen französischen Soldaten.
Zwar hatten nach der Eröffnung zunächst nur französische Militärangehörige Zutritt. Doch schon bald fragte niemand mehr danach, ob die Gäste einen Berechtigungsschein hatten oder nicht. Pünktlich um zwölf Uhr mittags öffnete der Wirt sein Restaurant. Neben französischen Soldaten kamen deutsche Verwaltungsmitarbeiter, Richter und Staatsanwälte ins Foyer, wo sie für wenig Geld in den Genuss französischer Küche und guten Weins kamen. In den 1980er Jahren waren die meisten Stammgäste Deutsche, ebenso die vor Ort rekrutierten Bedienungen und Putzkräfte. Ähnlich wie das Offizierskasino am Neckar wurde daher auch das Foyer zu einem Ort der interkulturellen Begegnung zwischen Tübingern und Franzosen.
Als die französischen Besatzer abzogen, begannen für das Gebäude wechselvolle Jahre. Viele Jahre lang stand das Foyer leer und wurde dadurch dem Verfall preisgegeben. Die auf dem angrenzenden Grundstück begonnenen Bauarbeiten für ein Kulturhaus mit Konzertsaal wurden nach dem Rückzug des Investors eingestellt. Von 2006 an wurden Erd- und Untergeschoss des Foyer als Diskothek genutzt. 2012 ließ die Stadt das Gebäude und die benachbarte Investitionsruine abreißen und verkaufte das Gelände. Den architektonischen Wert des vom Schwäbischen Tagblatt als eine „Kreuzung aus Eisdiele und Bahnhofwartehalle“ beschriebenen Foyer wussten die Tübinger zwar nicht zu schätzen. Als ein Ort des ungezwungenen Beisammenseins in „französischem“ Flair ist es dennoch vielen in positiver Erinnerung geblieben.
Fabian Raßmann/Ann-Cathrin Witte/Johannes Großmann
Weiterführend:
Annemarie Hopp/Bernd-Jürgen Warneken (Hg.): Feinde, Freunde, Fremde. Erinnerungen an die Tübinger „Franzosenzeit“, Tübingen (Kulturamt) 1995, S. 101–104.