13 Kreiskommandantur

Wilhelmstraße 24
Wilhelmstraße 24, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Kreiskommandantur der französischen Militärregierung, Wilhelmstraße 24, Oktober 1945
Kreiskommandantur der französischen Militärregierung, Wilhelmstraße 24, Oktober 1945, Foto: Gebrüder Metz, Bildrechte: Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Mit Hakenkreuzfahnen beflaggte Kreisleitung der NSDAP, Wilhelmstraße 24
Mit Hakenkreuzfahnen beflaggte Kreisleitung der NSDAP, Wilhelmstraße 24, Foto: Eugen Rühle, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen

13 Kreiskommandantur

Wilhelmstraße 24, 72074 Tübingen

Das ehemalige Domizil der NSDAP-Kreisleitung wurde zum Sitz des französischen Militärgouverneurs für den Landkreis Tübingen.

Bis April 1945 beherbergte das Gebäude in der Wilhelmstraße 24 die Kreisleitung der NSDAP. Während der Besatzungszeit diente es als Sitz der französischen Kreiskommandantur. Die Militärregierung beabsichtigte eine strenge Kontrolle der deutschen Behörden, auch auf den unteren Verwaltungsebenen. Die wichtigste Kontrollebene für die Militärbehörden waren die Landkreise. Besondere Bedeutung fiel deshalb den Kreisgouverneuren (Délégués du cercle) zu. Deren Aufgabe war vor allem die Kontrolle der deutschen Landräte. Sie sammelten Informationen, beobachteten die Stimmung innerhalb der deutschen Bevölkerung und kümmerten sich darum, dass die Anweisungen der Militärregierung umgesetzt wurden. Außerdem erfüllten sie repräsentative Funktionen, besuchten Sitzungen kommunaler Gremien und nahmen am gesellschaftlichen Leben teil. Durch ihren ständigen Kontakt mit deutschen Vertretern und Instanzen entwickelten die Kreisgouverneure oft ein besonders gutes Verständnis für die drängenden Probleme der einheimischen Bevölkerung. Häufig setzten sie sich bei den übergeordneten Dienststellen für lokale Interessen ein und wiesen mit Nachdruck auf Probleme und Fehlentwicklungen hin. Ihr Einsatz wurde daher in der Regel auch von deutscher Seite anerkannt und geschätzt. So leisteten die Kreisgouverneure durch ihre Vermittlerrolle einen wichtigen Beitrag zur Verständigung zwischen Franzosen und Deutschen.

Das Amt des Kreisgouverneurs von Tübingen wurde mehrfach neu besetzt. Am längsten blieb Colonel Henri Brochu, der von August 1947 bis Dezember 1950 amtierte. Zu seinem Abschied schrieb das Schwäbische Tagblatt: „Er scheidet als Freund“. Mit dem Ende des Besatzungsstatuts endete auch die Arbeit der Kreisgouverneure. In der Wilhelmstraße 24 befindet sich heute das Ordnungsamt der Stadt Tübingen.

Lukas Kuhn

Weiterführend:
Wolfgang Sannwald: Trikolore, Kreisgouverneur und kahle Wälder. Die französische Militärverwaltung und der Landkreis Tübingen, in: ders. (Hg.): Persilschein, Käferkauf und Ab-schlachtprämie. Von Besatzern, Wirtschaftswunder und Reformen im Landkreis Tübingen, Tübingen (Verlag Schwäbisches Tagblatt) 1998, S. 41–60.

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Henri Brochu, um 1950
Henri Brochu, um 1950, Bildausschnitt, Foto: Alfred Göhner, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen

Henri Brochu war von 1947 bis 1950 Gouverneur des Landkreises Tübingen. Er pflegte guten Kontakt zur einheimischen Bevölkerung und setzte sich für eine enge deutsch-französische Zusammenarbeit ein. Sein entschlossenes Handeln während der Hungerkrise von 1947 brachte ihm besondere Anerkennung. (F.R./P.H.)