14 Leibniz-Kolleg
Brunnenstraße 34, 72074 Tübingen
Das Leibniz-Kolleg bereitete begabte Schulabgänger auf ein Studium vor. Es folgte einem Grundprinzip französischer Umerziehungspolitik: Demokratisierung durch Bildung.
Das Leibniz-Kolleg entstand 1948 als ein interdisziplinär ausgerichtetes Internat. Es bezog die 1928 von Paul Schmitthenner als Wohnheim für „auslandsdeutsche Studenten“ erbaute Deutsche Burse. Heute bietet das Leibniz-Kolleg unentschlossenen Schulabgängern mit einem einjährigen Studienprogramm Einblicke in verschiedene Studienfächer. Diese Idee entstand aber erst Anfang der 1950er Jahre. In den ersten Jahren hatte das Kolleg eine andere Aufgabe: Wer noch nicht zur Immatrikulation zugelassen worden war, aber trotzdem herausragende Fähigkeiten zeigte, konnte hier seinen geistigen Horizont erweitern und sich auf ein Fachstudium vorbereiten.
Die französische Militärregierung unterstützte die Einrichtung des Kollegs, die sie als eine Antwort auf das Versagen von Bildung und Wissenschaft im Nationalsozialismus verstand. So zielten die Lehrveranstaltungen und die selbstverwaltete Organisationsform des Hauses darauf, junge Menschen zum selbständigen Denken zu erziehen und ihnen Werte wie Demokratie, Toleranz, Freiheit, Mut zur Meinungsäußerung und Zivilcourage zu vermitteln. Als Instrument der Umerziehung sollte das Kolleg damit direkt in die Universität hineinwirken und zur Entstehung einer neuen intellektuellen und politischen Führungsschicht in Deutschland beitragen, die für eine Verständigung mit Frankreich eintrat.
In der Nachkriegszeit entstanden vergleichbare Einrichtungen in anderen deutschen Städten, so zum Beispiel das Collegium Academicum in Heidelberg. Doch trotz seiner Ausgliederung aus dem Universitätsverband 1972 ist das Tübinger Leibniz-Kolleg als einzige dieser Einrichtungen bis heute erhalten geblieben.
Andreea Minca
Weiterführend:
Michael Behal (Hg.): Studium generale, studium sociale. Das Leibniz-Kolleg 1948–1998, Tübingen (Leibniz-Kolleg) 1998.