25 Loretto-Viertel

Lorettoplatz, Herbst 2015
Lorettoplatz, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Das französische Quartier Zimmer in den Gebäuden der ehemaligen Loretto-Kaserne
Das französische Quartier Zimmer in den Gebäuden der ehemaligen Loretto-Kaserne, zeitgenössische Postkarte
Luftaufnahme der Loretto-Kaserne mit näherer Umgebung, nach 1922
Luftaufnahme der Loretto-Kaserne mit näherer Umgebung, nach 1922, Foto: Heinz Riediger, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen

25 Loretto-Viertel

Lorettoplatz, 72072 Tübingen

Die Loretto-Kaserne wurde nach 1945 von der französischen Besatzungsmacht genutzt. Heute ist das Loretto-Viertel Inbegriff modernen Stadtlebens in Tübingen.

Auf dem Gelände des heutigen Loretto-Viertels befand sich bis Anfang der 1990er Jahre eine Kaserne, deren Geschichte bis zum Ersten Weltkrieg zurückreicht. Die Neue Kaserne wurde von 1914 bis 1916 errichtet und bis 1945 von Reichswehr und Wehrmacht genutzt. 1938 wurde sie im Gedenken an die Loretto-Schlacht bei Lens und Arras umbenannt. Diese Schlacht hatte zwischen Mai und Juli 1915 zehntausende französische und deutsche Soldaten das Leben gekostet und war schon kurz darauf zum Gegenstand nationalistischer Überhöhung und Mythenbildung geworden.

Nach dem Einmarsch der Franzosen in Tübingen übernahm die französische Armee die Tübinger Kasernen und nutzte sie bis 1991 weiter. Die deutschen Kasernenwärter und Maschinenmeister wurden weiterbeschäftigt. Die Loretto-Kaserne wurde in Quartier Zimmer umbenannt und diente zur Unterbringung von Soldaten und Material. Später wurde hier das militärische Gerät der französischen Garnison instandgehalten. Im Umfeld der Kaserne entstanden weitere französische Einrichtungen: Auf der anderen Seite der Hechinger Straße und südlich der Stuttgarter Straße wurden in den 1950er Jahren Wohngebäude für Militärs und ihre Familien gebaut. In der Galgenbergstraße eröffnete 1955 der Neubau der französischen Schule .

Gemeinsam mit den anderen französischen Kasernen und Wohnvierteln bildete das heutige Loretto-Areal für über 40 Jahre eine eigene Welt: Über Höflichkeiten gingen Kontakte zwischen den französischen Wehrpflichtigen und Deutschen selten hinaus. Der Zutritt zur Kaserne war Zivilisten verwehrt. Nach dem Abzug der Truppen entstanden Pläne für die Nachnutzung der freigewordenen Areale und die städtebauliche Aufwertung der lange vernachlässigten Südstadt. Heute gehören das Loretto-Viertel und das Französische Viertel zu den begehrtesten Wohnlagen der Stadt. Die meisten Neubauten des Loretto-Viertels entstanden auf dem ehemaligen Exerzierplatz. Das alte Mannschaftsgebäude wird seit 1998 von der Volkshochschule genutzt.

Lukas Kuhn

Weiterführend:
Annemarie Hopp/Bernd-Jürgen Warneken (Hg.): Feinde, Freunde, Fremde. Erinnerungen an die Tübinger „Franzosenzeit“, Tübingen (Kulturamt) 1995, S. 19–28.

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