19 Casino

Casino am Neckar, Herbst 2015
Casino am Neckar, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Offizierskasino am Neckar, Mitte der 1950er Jahre
Offizierskasino am Neckar, Mitte der 1950er Jahre, zeitgenössische Farbpostkarte
oyer in der Friedrichstraße, Casino in der Wöhrdstraße mit Inneneinrichtung, zeitgenössische Farbpostkarte
„Cercle des Officiers Tübingen“: Foyer in der Friedrichstraße, Casino in der Wöhrdstraße mit Inneneinrichtung, zeitgenössische Farbpostkarte

19 Casino

Wöhrdstraße 25, 72072 Tübingen

Das Offizierskasino am Neckar wurde von den Besatzern übernommen. Es war ein Ort der interkulturellen Begegnung und der sozialen Distinktion.

An der Mündung der Steinlach in den Neckar wurde 1913 nach zehnmonatiger Bauzeit eine neue Offiziersspeiseanstalt eröffnet. Bis dahin hatte sich das Offizierslokal am Holzmarkt befunden. Für Tübingen war die Garnison seit der Errichtung der Infanteriekaserne an der Hegelstraße im Jahr 1875 zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Die Stadt übernahm daher drei Viertel der Baukosten von 60.000 Goldmark. 1927 wurde die Offiziersspeiseanstalt erstmals um einen Anbau erweitert.

Auch die französische Besatzungsmacht nutzte das Gebäude als Offizierskasino und für Repräsentationszwecke. Aus dieser Zeit stammt auch der 1954 fertiggestellte östliche Vorbau mit seiner breiten Fensterfront. Die prominent gelegene und exklusive Lokalität, die im Volksmund bald nur noch als Casino bezeichnet wurde, war gleichermaßen ein Ort der interkulturellen Begegnung und der sozialen Distinktion. Eine Einladung ins Casino galt als Privileg, in dessen Genuss nur wenige Tübinger kamen. Seit 1954 trafen sich französische Offiziersfrauen hier regelmäßig mit deutschen Damen aus höherem Hause zum Teekränzchen. Der Damenkreis organisierte im Casino außerdem Modenschauen, Ausstellungen und Abendveranstaltungen, zu denen dann auch die Ehegatten kamen. Die 1961 gegründete Deutsch-Französische Gesellschaft konnte auf diesen Kontakten aufbauen. Eine fremde Welt blieb das Casino hingegen für die normalen Tübinger Bürger und für die einfachen französischen Soldaten, die seit 1955 im nahegelegenen Foyer an der „Blauen Brücke“ einkehren konnten.

Nach 1991 wurde das baufällige Gebäude zunächst für unterschiedliche Zwecke und Veranstaltungen genutzt. Im Beisein einer Delegation aus der Partnerstadt Aix-en-Provence eröffneten städtische Vertreter hier im Oktober 1992 eine Maison d’Aix. Ein Teil der Räumlichkeiten wurde von einem indischen Restaurant gepachtet. 2006 wurde das Gebäude für 2,7 Millionen Euro saniert. Während das äußere Erscheinungsbild nahezu unverändert blieb, wurde das Interieur grundlegend modernisiert und umgestaltet. Heute ist das „Casino am Neckar“ ein beliebtes Restaurant mit gehobener Küche und Biergarten.

Ann-Cathrin Witte/Johannes Großmann

Weiterführend:
Michael Petersen: Das Wirtshaus am Neckar, in: Tübinger Blätter 94 (2008), S. 7–10.

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