26 Vereinslokal der Fremdenlegion

Ehemaliger Gedenkstein der Fremdenlegion im Alexanderpark
Ehemaliger Gedenkstein der Fremdenlegion im Alexanderpark, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Zeremonie am Gedenkstein der Fremdenlegionäre
Zeremonie am Gedenkstein der Fremdenlegionäre, 1980er Jahre, Foto: Georg Wrost, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen
Vereinsheim der Amicale des Anciens de la Légion Étrangère
Vereinsheim der Amicale des Anciens de la Légion Étrangère in der früheren Leichenhalle des Garnisonslazaretts, vor dem Abriss 2007, Foto: Udo Rauch, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen

26 Vereinslokal der Fremdenlegion

Alexanderstraße 48, 72072 Tübingen

Die „Texas Bar“ diente als Anlaufstelle für junge Männer, die in die französische Fremdenlegion eintreten wollten. Dagegen regte sich in Tübingen Widerstand.

Seit Oktober 1945 gab es in Tübingen einen Verein ehemaliger Fremdenlegionäre. Die Amicale des Anciens de la Légion Étrangère hatte zwischenzeitlich rund 300 Mitglieder. Ihr Vereinsheim war die frühere Leichenhalle des Garnisonslazaretts in der Alexanderstraße. Der Gedenkstein im Park neben dem Gebäudeeingang war mit der siebenflammigen Granate der Fremdenlegion geschmückt. Eine darunter eingelassene Gedenktafel ehrte insgesamt 25 Legionäre und Soldaten, die bei der Einnahme Stuttgarts im April 1945 gefallen und in Tübingen bestattet worden waren.

Das im Volksmund „Texas Bar“ genannte, für billigen Alkohol bekannte Vereinsheim wurde zum Anziehungspunkt für junge Männer. Einige von ihnen wurden an die Meldestelle der Fremdenlegion in der benachbarten französischen Gendarmerie vermittelt. Zeitzeugen berichteten, dass Freiwillige in die Kaserne in der Reutlinger Straße gefahren, dort in französische Uniformen gesteckt und über Donaueschingen und Freiburg nach Frankreich gebracht wurden.

Als die Rekrutenzahlen mit dem Indochinakrieg und den Aufständen in Nordafrika Mitte der 1950er Jahre sprunghaft anstiegen, regte sich in Tübingen Widerstand. Die Jungsozialisten warnten mit einer Plakataktion vor „Menschenräubern“. Die Kreisliga der freien Wohlfahrtspflege und der CVJM konnten zwischen Mai 1954 und April 1955 angeblich „232 jugendliche Bewerber für die Fremdenlegion“ umstimmen. Unter ihnen stammten 14% aus dem Bundesgebiet. 28% waren Heimatvertriebene, 58% Flüchtlinge aus der DDR. Ihre Motive waren aus Sicht des städtischen Sozialamts vielfältig: Fernweh und Abenteuerlust, Streit mit den Eltern, die „Flucht“ vaterloser Söhne vor der Mutter, materielle Notlagen und „Lebensangst“ infolge von Liebeskummer, Auseinandersetzungen oder kleineren Straftaten. Mit dem Ende des Besatzungsstatuts im Mai 1955 entspannte sich die Lage. Dennoch gab es weiterhin geheime Anwerbestellen der Fremdenlegion, unter anderem in der Baracke der französischen Sûreté an der Neckarbrücke (heute Bürger- und Verkehrsverein).

Im Juli 2007 räumte die Amicale das Vereinsheim, das dem Wohnbau-Projekt im Alexanderpark weichen musste. Geblieben ist das von Ketten eingefasste Gedenkmal, dessen vormalige Nutzung jedoch nicht mehr erkennbar ist.

Johannes Großmann

Weiterführend:
Fred Keicher: Die Legion stirbt, aber geht sie unter?, in: Tübinger Blätter 96 (2010), S. 36–39.

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