17 Centre d’Études Françaises

Deutsch-Französisches Kulturinstitut Tübingen
Deutsch-Französisches Kulturinstitut Tübingen, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Centre d’Études Françaises, 1952
Centre d’Études Françaises, 1952, Foto: Kleinfeldt, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen
Erster Standort des Centre d’Études Françaises im Normannenhaus
Erster Standort des Centre d’Études Françaises im Normannenhaus (Stauffenbergstraße 21), zur Zeit der Aufnahme diente das Haus als Bräuteschule der NS-Frauenschaft und des Deutsches Frauenwerks, Postkarte der Gebrüder Metz, Bildrechte: Haus der Geschichte Baden-Württemberg

17 Centre d’Études Françaises

Doblerstraße 25, 72074 Tübingen

Im Centre d’Études Françaises konnten die Tübinger Französisch lernen, Vorträge besuchen und französische Bücher lesen.

Ein besonders nachhaltiges Resultat der französischen Kulturpolitik in Tübingen war das Centre d’Études Françaises, das am 4. November 1946 zunächst als Zweigstelle des Freiburger Institut Français en Allemagne gegründet wurde. Unter der Leitung seines ersten Direktors Émile Callot organisierte das Centre d’Études Françaises ein ambitioniertes Kulturprogramm im beschlagnahmten Verbindungshaus der Normannia in der Stauffenbergstraße 21. Die Tübinger Bevölkerung interessierte sich vor allem für die Französischkurse, die von jungen französischen Geisteswissenschaftlern auf drei verschiedenen Niveaustufen angeboten wurden. Bereits im ersten Wintersemester 1946/47 schrieben sich rund 300 Sprachschüler ein. Herzstück der Einrichtung war eine große Bibliothek mit zwei Leseräumen. Ein- bis zweimal im Monat referieren namhafte französische Gastredner in Abendvorträgen zu Themen aus Literatur, Theater, Philosophie und Kunst.

Der akademische Anspruch nahm unter dem neuen Direktor René Cheval seit Oktober 1948 weiter zu. Cheval erwirkte eine enge Bindung an die Universität und das Romanische Seminar. Bald darauf erhielt das Centre d’Études Françaises jedoch Konkurrenz durch die Gründung eines französischen Kulturinstituts in Stuttgart, das aufgrund seiner Lage bald von der französischen Militärregierung bevorzugt wurde. Das Centre d’Études Françaises musste seinen gesamten Bibliotheksbestand nach Stuttgart abgeben. Zwar konnte die drohende Auflösung vermieden werden. Doch musste der Betrieb in Tübingen von nun an mit deutlich geringeren finanziellen Mitteln am Laufen gehalten werden. Auch aus diesem Grund zog das Institut zum 1. Juli 1952 in das ehemalige Prinzenpalais in der Doblerstraße 25.

Seither engagierte sich das Centre d’Études Françaises besonders für eine zivilgesellschaftliche Annäherung von Deutschen und Franzosen. Es beteiligte sich aktiv am kulturellen Leben der Stadt und unterstützte die 1960 besiegelte Partnerschaft zwischen Tübingen und Aix-en-Provence. Als die französische Botschaft ihre jährliche Subvention kürzte, übernahm die Tübinger Stadtverwaltung 1961 kurzerhand die Hälfte der Finanzierung. Als Institut Culturel Franco-Allemand ist es bis heute ein aktiver Vermittler französischer Kultur in Tübingen geblieben.

Ann-Cathrin Witte/Matthieu Osmont

Weiterführend:
Stefan Zauner: Gründung und Anfänge des Französischen Kulturinstituts in Tübingen (1946–1951), in: Franz Knipping/Jacques Le Rider (Hg.): Frankreichs Kulturpolitik in Deutschland, 1945–1950. Ein Tübinger Symposium, Tübingen (Attempto) 1985, S. 265–274.

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René Cheval, 1946
René Cheval, 1946, Bildausschnitt, Foto: Rotophot, Bildrechte: Stadtarchiv Reutlingen

René Cheval (1918–1986) war ein französischer Germanist. 1945 kam er im Alter von nur 26 Jahren nach Tübingen. Als Verbindungsoffizier kümmerte er sich um die Entnazifizierung der Universität und sorgte für die Wiederbelebung des akademischen Austauschs. Als Leiter des Centre d’Études Françaises kooperierte er seit 1948 eng mit dem Romanischen Seminar der Universität. 1951 wurde er erster Leiter Institut Français in Stuttgart. (M.O./F.R.)