7 Économat

Neue Straße 1, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Neue Straße 1, Herbst 2015, Foto: Bernhard Kleeschulte
Schaufenster des Économat im ehemaligen Kaufhaus Euler
Schaufenster des Économat im ehemaligen Kaufhaus Euler mit Portrait von Charles de Gaulle, August 1946, Foto: Metz, Bildrechte: Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Économat in der Katharinenstraße 29
Économat in der Katharinenstraße 29, Foto: Majerczyk, Bildrechte: Stadtarchiv Tübingen

7 Économat

Neue Straße 1, 72070 Tübingen

In den Économats konnten Besatzungsangehörige französische Produkte kaufen.

Die Versorgungslage kurz nach Kriegsende war äußerst angespannt. Grund für den Mangel an Konsumgütern war in erster Linie die deutsche Kriegspolitik. Deren desaströse Folgen für das Finanz- und Wirtschaftssystem waren lediglich durch die systematische Ausbeutung der besetzten Gebiete kaschiert worden. 1945 brach diese Raubwirtschaft zusammen. Viele Deutsche machten nun jedoch die Alliierten für Lebensmittelknappheit und Schwarzmarktwucher verantwortlich. Dies galt vor allem für die strukturschwache französische Besatzungszone. Noch 1948 behauptete ein anonymes Flugblatt, die französischen Truppen würden „restlos aus dem Lande verpflegt. […] Zu diesem Besatzungsheer kommen in stattlicher Zahl die Zivilfranzosen hinzu sowie eine Menge illegal anwesender Franzosen. Und alle ernähren sie sich sehr gut aus dem Lande!“

Tatsächlich wurden spezielle Läden eingerichtet, um den Alltagsbedarf der Besatzer zu decken. Das erste französische Kaufhaus in Tübingen eröffnete am 23. August 1945 am Holzmarkt. Es befand sich im beschlagnahmten Modehaus Haidt (Neue Straße 1). Zuerst wurde das Kaufhaus auf Anordnung der Militärbehörden von der Stadt bewirtschaftet. Im Februar 1946 wurde es in einen Économat umgewandelt und dadurch in das militärisch kontrollierte Einzelhandelssystem zur Versorgung der französischen Streitkräfte integriert. Weitere Économats entstanden im früheren Kaufhaus Euler am Marktplatz, in der Neuen Straße 4 (vormals Konditorei Bausch) und im Erdgeschoss des Pomonahauses in der Neckargasse 22. All diese Läden verkauften vorwiegend französische Produkte. Sie standen ausschließlich französischen Soldaten, Angehörigen der Besatzungsverwaltung und ihren Familien offen und trugen dazu bei, dass sich diese als Teil einer französischen Gemeinschaft im Ausland verstanden. Lediglich im Magasin du Gouvernement Régional in der Kronenstraße 13 konnte seit Januar 1946 auch die einheimische Bevölkerung einkaufen.

Die letzten französischen Läden in der Innenstadt schlossen 1955, als in einer der Neubauten neben der Loretto-Kaserne in der Katharinenstraße 29 ein großer Économat eröffnet wurde. Dieser blieb bis zum Abzug der französischen Garnison bestehen. Seit 2005 befindet sich dort das Ladenlokal der Tübinger Tafel.

Johannes Großmann/Bianca Hofmann

Weiterführend:
Udo Rauch/Antje Zacharias (Hg.): Sieben Jahre Landeshauptstadt. Tübingen und Württemberg-Hohenzollern 1945 bis 1952, Tübingen (Kulturamt) 2002, S. 73–75.

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