15 Krankenhaus auf dem Sand
Drosselweg 10, 72076 Tübingen
Das ehemalige Standortlazarett der Wehrmacht auf dem Sand wurde bis 1982 als französisches Militärkrankenhaus genutzt.
Im Rahmen der verdeckten Kriegsvorbereitung baute die Wehrmacht von 1937 bis 1940 ein Standortlazarett auf dem Sand (am Denzenberg) in Tübingen-Lustnau. Der langgestreckte gelbe Bau nach Plänen von Regierungsbaumeister Hans Herkommer prägte mit seiner prominenten Lage das Stadtbild Tübingens. Im Zweiten Weltkrieg war das Lazarett Wirkungsstätte von Theodor Dobler. Der später als „Retter der Stadt Tübingen“ geehrte Dobler arbeitete unter widrigen Umständen in dem völlig überfüllten Krankenhaus.
Nach Kriegsende richtete die französische Besatzungsarmee ihrerseits ein Lazarett in dem modernen Krankenhaus ein, das Hôpital Émile Roux. Am 10. März 1946 nahm hier außerdem das Versorgungskrankenhaus für Schwerkriegsbeschädigte unter der Leitung von Dobler seinen Betrieb auf. In der Behandlung von Hirnverletzten wurde es bundesweit führend. Die Franzosen benutzten den vom Tal aus gesehen linken Gebäudeflügel, die Deutschen den rechten. In unmittelbarer Nähe entstand in den 1950er Jahren die Eberhard-Wildermuth-Siedlung für „Heimatvertriebene“ und Tübinger, deren Gebäude von den Franzosen beschlagnahmt worden waren.
Als das französische Krankenhaus 1982 aufgegeben wurde, zog die Bundeswehr auf den Sand. 1986 wurde das Versorgungskrankenhaus endgültig geschlossen. Seit 1990 ist hier ein Teil des Wilhelm-Schickard-Instituts für Informatik der Universität Tübingen untergebracht. Inzwischen beherbergt das Gebäude auch die Astronomie und das Institut für Kriminologie. Die 1946 erbaute Krankenhauskapelle wird von der Rumänisch-Orthodoxen Gemeinde St. Georg als Gotteshaus genutzt.
Jonathan Schilling
Theodor Dobler (1893–1973) war Sanitätsarzt in Tübingen. Zusammen mit einigen Mitstreitern verweigerte er sich dem Aufruf zum unbedingten Widerstand. Er war daher maßgeblich daran beteiligt, dass Tübingen unzerstört blieb und kampflos an die französische Armee übergeben wurde. Bereits 1945 wurde eine Straße auf dem Österberg nach ihm benannt. Seit 1946 leitete er das Versorgungskrankenhaus auf dem Sand. (F.R.)